Siedlungsgeschichte
 
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Wie und wann wurde Ostpreußen besiedelt?

Wo und seit wann gibt es M(a)eckelburgs in Ostpreußen?

Siedlungsgeschichte

Der Deutsche Orden hat Ostpreußen vom ausgehenden 13. Jahrhundert bis zum Ende des 14. Jahrhunderts planmäßig erschlossen und besiedelt. Aus dieser Zeit ist eine derartige Fülle von Dokumenten erhalten, daß die Siedlungsgeschichte systematisch erforscht werden konnte. Als Quellen waren vor allem zwei Forschungsergebnisse sehr ergiebig. Zum einen der Artikel „Die Herkunft der deutschen Ansiedler in Preußen“ von C. Krollmann aus dem Jahre 1912 (Krollmann, C. 1912. Die Herkunft der deutschen Ansiedler in Preußen. Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins. 1912, Bd. 54, S. 3 - 103). Krollmann belegt hier die regionale und familiäre Herkunft derjenigen Siedler, die vor allem zu Beginn der Besiedlung aus dem Mutterland zugewandert sind.

Ebenfalls beeindruckend ist das Buch „Die Siedlungstätigkeit des Deutschen Ordens im östlichen Preußen bis 1410“ aus dem Jahre 1934 (Kasiske, Karl. 1934. Die Siedlungstätigkeit des Deutschen Ordens im östlichen Preußen bis zum Jahre 1410. Einzelschriften der historischen Kommission für ost- und westpreußische Landesforschung. Königsberg : Kommissionsverlage Gräfe und Unzer, 1934. Bd. 5). Darin stellt Karl Kasiske detailliert den zeitlichen und räumlichen Fortschritt der Siedlungstätigkeit in Ostpreußen von den Anfängen im späten 13. Jahrhundert bis zum Ende des 14. Jahrhunderts dar. Seine Arbeit belegt er mit den zahlreichen überlieferten Dokumenten des Deutschen Ordens. Trotz der Fülle an detaillierten Fakten gelingt es Kasiske, aus den Einzelergebnissen den Fortgang der Besiedlung nachvollziehbar zu beschreiben.

Vorwiegend aus diesen beiden Werken wird hier zitiert, um in Kurzform die Siedlungsgeschichte Ostpreußens darzustellen und in Zusammenhang mit unserer Familiengeschichte zu bringen.

Nach Rhode (Rhode, Gotthold. 1955. Die Ostgebiete des Deutschen Reiches. Würzburg : Holzner-Verlag, 1955) gab es im Inneren Großpolens „bis 1250 erst wenige verstreute deutsche Dörfer und Städte (…). Sie bildeten eine Brücke zum Kulmerland, das von den masowischen Herzögen dem Deutschen Orden abgetreten worden war, um ihm einen Stützpunkt zur Bekämpfung der heidnischen Prußen zu bieten. (…) 1231 begannen die Ritter das planmäßige Siedlungswerk, das zugleich der Sicherung des Landes diente, mit der Gründung der Stadt und Burg Thorn. 1232 folgte Kulm, dessen Rechtssatzung, die „Kulmer Handfeste“ von 1233, schon die Grundzüge des kommenden Landesausbaues niederlegte. (…) Solange die Kämpfe des Ordens mit den Prußen dauerten, konnte an eine bäuerliche Siedlung außerhalb der schützenden Mauern der Städte noch nicht gedacht werden (…). Seit 1251 setzte auch die Ansiedlung deutscher Bauern ein, zunächst in dem bereits gesicherten Kulmerland an der Ossa, nach der Beendigung des letzten großen Prußenaufstandes 1283 auch im eigentlichen Preußen. (…) Erleichtert wurde das einheitliche Vorgehen dadurch, daß der Orden und die preußischen Bischöfe seit den Aufständen Eigentümer des gesamten Landes waren und auf keinen adligen Grundherren Rücksicht zu nehmen hatten“ (Rhode, Ostgebiete, Seite 32 und 34). 

Die Karte gibt einen Überblick über den Fortschritt der Siedlungstätigkeit des Deutschen Ordens. Die Jahreszahlen stellen die Forschungsergebnisse von Kasiske in einem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang dar.

 

„Den Auftakt bilden die Anfänge der Siedlungstätigkeit in den Zeiten des Eroberungskriegs. Gleich nachdem der Orden ins Land gekommen war, wurden Städte neben den festen Häusern (= Burgen, d. Verf.) gegründet; auch den weiteren Eroberungszug die Weichsel hinunter und das Haff entlang bezeichneten Burganlagen und Stadtgründungen. Sehr bald wurden auch Verleihungen von Landbesitz an deutsche rittermäßige Einwanderer vorgenommen, deren Dienste dem Deutschen Orden in diesen kriegerischen Zeiten sehr zustatten kamen. Zur Dorfsiedlung waren nur im Kulmerland schwache Ansätze vorhanden. Da auch durch die Gutsverleihungen nur der West- und der Nordwestrand des Preußenlandes an Weichsel und Haff erfaßt werden konnten, außerdem überhaupt nur wenig Besitzverhältnisse den großen Aufstand (von 1260 – 1272, d.Verf.) überdauerten, ist der Siedlung des ersten Halbjahrhunderts der Ordensherrschaft nur eine geringe Bedeutung im Rahmen der Gesamtbesiedlung Preußens zuzumessen“ (Kasiske, Siedlungstätigkeit, Seite 150).

„Als in den 1280er Jahren Preußen in den unangefochtenen Besitz des Deutschen Ordens gelangt war, war die Zeit für eine umfassende Siedlungstätigkeit großen Stils gekommen. Sogleich wurde die Dorfsiedlung in den westlichen Landschaften, im Kulmerland und in Pomesanien, aufgenommen. Ihren größten Aufschwung erlebt sie um die Jahrhundertwende, nachdem die Ordenszentrale den einzelnen Komtureien (…) Befugnis und Auftrag zur Dorfsiedlung erteilt hatten. Zur Dorfsiedlung waren die inneren geschützten Gebiete Preußens, das Land zwischen Weichsel, Haff, Drewenz, Alle und Pregel ausersehen. Dieser Raum wurde aber nicht durchweg mit Dörfern besetzt, sondern es wurden einzelne kleinere Gebiete zur Dorfsiedlung ausgewählt. (…) Im engsten Zusammenhang mit der Dorfgründung in einem Dorfsiedlungsgebiet stand aber regelmäßig die Anlage einer Stadt, die in dem Augenblick vorgenommen wurde, als ringsum die ersten Dörfer aus dem Boden wuchsen“ (Kasiske, Siedlungstätigkeit, Seite 151).

Insgesamt war „um die Jahrhundertwende [vom 13. zum 14. Jh.] nach einigen schwachen Versuchen der Hauptteil des westlichen Preußens wie mit einem Schlage in 5 verschiedenen Siedlungsvorhaben erschlossen worden. Im 2. Jahrzehnt ebbte die Siedlungstätigkeit stark ab (…). Dagegen nahm in den 20er Jahren die Dorfanlage wieder einen neuen Aufschwung. Die um 1315 begonnene Aufteilung des Großen Werders wurde zu Ende geführt. Um Bischofswerder, um Mohrungen und Mühlhausen wie auch im mittleren Ermland entstanden neue Siedlungsgebiete, während durch Erweiterung der alten Siedlungsgebiete und Auffüllung der bis dahin von der Siedlung noch nicht erfaßten Restgebiete die Siedlung in den meisten Komtureien beendet wurde. (…) Die Siedlung ist demnach nicht in gleichmäßiger, sondern in wellenartig wechselnder Stärke getrieben worden. (Es) liegt (…) sehr nahe, die einzelnen Höhepunkte der Siedlungstätigkeit, die alle im gleichen Abstand von etwa einem Jahrzehnt aufeinander folgten, mit einer generationsweise eintretenden Abwanderung aus den älteren überfüllten Siedlungsgebieten in Verbindung zu bringen, zumal wir feststellen können, daß in starkem Ausmaß die einzelnen Siedlungsvorhaben durch solche Leute getragen wurden, die (…) aus den den länger bestehenden Ortschaften des Ordenslandes, wenn nicht sogar derselben Komturei oder desselben Landes gekommen waren“ (a.a.O., Seite 56).

„Erst im Verlauf des 14. Jahrhunderts sind dann auch zwischen den verschiedenen alten Dorfsiedlungsgebieten (…) verstreute Dorfanlagen geschaffen worden, so daß die Kernsiedlungsgebiete gewissermaßen zusammenwuchsen. Mit der Zeit wurde also der ganze große Siedlungsraum zwischen Weichsel und Pregel mit einem allerdings verschieden dichten Netz von Dörfern bedeckt“ (a.a.O., Seite 152).

Da eine Zuwanderung aus dem Mutterland nur im äußerst kleinen Ausmaß nachweisbar ist, kann „kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß die Binnenwanderung weitaus den Hauptanteil an der Fortsetzung und dem Abschluß der Dorfsiedlung im westlichen Preußen getragen hat. Als die Zuwanderung aus dem Mutterland nachgelassen hatte, hat sie allein mit ihrer Stärke die Möglichkeiten der Dorfsiedlung bestimmt“ (a.a.O., Seite 58).

Die östlich bzw. südöstlich außerhalb dieses Siedlungsraumes liegenden Gebiete wurden als Wildnis bezeichnet. Auch diesen Raum versuchte der Deutsche Orden ab 1320 unter seine Kontrolle zu bekommen, zu sichern und schließlich zu besiedeln. In der Karte sind diese Gebiete zum einen durch den Bogen um Rößel, zum anderen durch das Dreieck um die Städte Gerdauen, Schippenbeil und Barten markiert.

Von früheren Siedlungsgebieten aus macht 1336 Heinrich Luter einen tiefen Vorstoß weit nach Nordosten in die Wildnis hinein. „Die äußerste Nordostecke des Bistums, das Gebiet um Rößel, wurde von ihm gemeinschaftlich mit dem Domkapitel aufgeteilt. 1336 kam neben der Burg die Stadt Rößel mit 10 Freijahren zur Besetzung. Im selben und in den nächsten Jahren entstand neben der Stadt eine große Zahl von Siedlungen: 1336 Klawsdorf mit 60 Hufen und 10 Freijahren, (…) 1339 Sturmhübel mit 9 Freijahren, (…)“. Heinrich Luter ging bewußt daran, durch Neuanlagen die Etappe von der Alle zur neuen Siedlungsfront um Rößel hin zu sichern“ (a.a.O., Seite 88 / 89).

Auch das Grenzland zwischen der in nordöstlicher Richtung fließenden Alle und der Rößeler Spitze mußte der Deutsche Orden zunächst einmal militärisch sichern. Dazu machte „die Errichtung von Burgen, die in bestimmten Abständen voneinander im Vorland angelegt wurden, den Anfang. In der Nähe dieser Häuser wurden kleine preußische Dienstgüter ausgegeben, mit deren Besitz die Leistung von Späher- und anderen militärischen Diensten verbunden war. (…) Die eigentlich militärischen (Aufgaben) oblagen den kulmischen Freigütern von rund zehn Hufen, deren Anlage Winrich von Kniprode mit besonderer Vorliebe betrieb, während die umfangreichen mit der großen Gerichtsbarkeit versehenen Lehngüter natürlich ebenfalls den immer willkommenen Dienst zu leisten hatten, in dieser Form aber zum Zweck der Eigenkolonisation durch die Grundherren ausgegeben wurden. Die Gründung von landesherrlichen Zinsdörfern setzte erst sehr spät ein und war zudem recht schwach. Die Stadtsiedlungen entwickelten sich aus Lischken heraus, die sich neben den Häusern gebildet hatten und teilweise erst gegen Ende des 14. Jahrhunderts Stadtrechte erhielten. So zog sich die Besiedlung der Wildnis in jedem einzelnen Gebiet über mehrere Jahrzehnte hin. Im Jahre der Tannenberger Schlacht (1410) war wohl in wiederholten Vorstoßen ein breiter Streifen Wildnis vor dem Kerngebiet Preußens erfaßt, ein eigentlicher Abschluß aber, wie ihn räumlich vorerst die Masurische Seenplatte gebildet hätte, noch keineswegs erreicht“ (Kasiske, Siedlungstätigkeit,  Seite 152).

Den grundsätzlichen Unterschied zwischen der Besiedlung der Wildnis und den früheren Siedlungsgebieten faßt Kasiske so zusammen: „In den Zeiten des Eroberungskrieges folgten Burg – Stadt – Dienstgut – Zinsdorf aufeinander, bei der planmäßigen Besiedlung wurden Zinsdörfer und Städte gleichzeitig angelegt, bei der Erschließung der Wildnis endlich standen Burg – Dienstgut – Zinsdorf – Stadt hintereinander“ (a.a.O., Seite 153).

Die Besiedlung der sog. Wildnis ist für unsere Familiengeschichte von besonderer Bedeutung. In den Dörfern dieser Gegend finden sich Meckelburgs in großer Zahl über lange Zeiträume. Daher soll der Siedlungsvorgang der Wildnis detaillierter dargestellt werden.

Ab 1325 wurde zunächst eine Verteidigungsanlage errichtet. „Vor dem Winkel, der durch die nordöstlich fließende Alle und die in östlicher Richtung von der Alle weg verlaufende ermländische Grenze gebildet wurde, wurde eine Kette von festen Häusern angelegt, die im Norden 20km vor der Alle einsetzte und in südöstlicher Richtung laufend über die Rößeler Spitze hinweggriff. Das Haus Gerdauen wurde 1325 erbaut. Auch die Anlage von Bartenburg = Barten fällt in dieses Jahr. Rastenburg soll nach Angaben in der Literatur 1329 errichtet worden sein. Daß die Anlage dieses Hauses in der Tat in den 20er Jahren vorgenommen wurde, ist deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, da es mit den anderen Burgen zusammen ein einheitliches Festungssystem bildet. Die drei Häuser sind je 16km voneinander entfernt. Auf halbem Wege zwischen Bartenstein und Barten als der mittleren Burg wurde 1326 an der Guber das Schloß Leunenburg als Stützpunkt angelegt“ ( a.a.O., Seite 101).

In dem durch die Burgen abgesteckten Gebiet fand zunächst kaum Besiedlung statt. Erst unter dem Hochmeister Dietrich von Altenburg begann eine nennenswerte Besiedlung. Dabei ist die Feststellung wichtig, daß die Siedlungen zunächst fast ausschließlich mit Preußen besetzt wurden. Diesen wurden im Gegenzug Späher- und Verteidigungsdienste auferlegt. Die Preußen wurden in diesen Gebieten nicht neu angesiedelt, sondern es wurde ihnen bestehendes Kulturland zugeteilt. Auch wenn das Gebiet „Wildnis“ genannt wurde, so war es doch nicht menschenleer und unbesiedelt. Die Phase der Besiedlung bildet somit noch einen Teil der militärischen Sicherung. Während die Aussetzung von preußischen Dienstgütern das gesamte 14. Jahrhundert hindurch anhielt, wurden erst ab ca. 1350 unter Hochmeister Winrich von Kniprode vermehrt Siedlungen nach kulmischem Recht angelegt und mit deutschen Siedlern besetzt (vgl. Kasiske, Siedlungstätigkeit, Seite 105 und 113).

Im Detail entstanden im Gebiet Leunenburg folgende Siedlungen: (a.a.O., Seite 105 / 106):

-    Leunenburg (1342 oder 1343)

-    Schwansfeld (1346 als Zinsdorf mit 14 Freijahren)

-    Schippenbeil (gegründet ca. 1345, Handfeste 1351 mit noch 4 Freijahren an Heinrich Padeluche)

-    Paßlack (1365, kulmisches Freigut mit 12 Hufen sowie 1371 10 Hufen an Preußen ohne Gewährung deutschen Rechts)

-    Rückgarben (1376, kulmisches Freigut mit 21 Hufen)

-    Glaubitten (1362, 8 Hufen, verliehen an Preußen ohne Gewährung deutschen Rechts)

Weiter schreibt Kasiske: „Es ist nicht zu ersehen, ob die bei Schippenbeil liegenden Dörfer Landskron, Stolzenfeld und Falkenau ihre Entstehung ebenfalls den 40er Jahren zu verdanken haben. In der Folgezeit ist nur Rosenort = Rosenfeld, 5km südlich von Schippenbeil, angelegt worden, das 1356 Handfeste mit 13 Freijahren erhielt. Wahrscheinlich liegt Gelegenheitssiedlung vor, die durch die Nähe zum alten Kulturland im Westen begünstigt wurde. Die eigentliche Dorfsiedlung setzte dagegen erst 1370 ein, zur gleichen Zeit wie in sämtlichen anderen Siedlungsgebieten östlich der Alle. Löwenstein ist nach Ausweis der Handfeste von 1386 durch den Komtur Linden ausgetan worden. Es entstanden ferner Kröligkeim 1374 mit 11 Freijahren und Schönfließ 1372 mit 14 Freijahren. (…) Die Handfesten von Kaltwangen, Paaris und Schlömpen fehlen. (…) Ihre regelrechte Anlage wirde auch in den 70er Jahren stattgefunden haben. Die Kirche von Paaris ist im 14. Jahrhundert gebaut worden“ (Kasiske, Siedlungstätigkeit, Seite 106). 

Daraus ist ersichtlich, daß es einer 30- bis 40-jährigen Vorarbeit mit der Aussetzung von kriegsdienstpflichtigen Gütern bedurfte, bis die Sicherheit der deutschen Siedler soweit gewährleistet war, daß ab 1370 die Anlage von Zinsdörfern vorgenommen werden konnte (a.a.O., Seite 117).

Zum Siedlungsfortschritt im Gebiet Rastenburg heißt es: „Wir müssen annehmen, „daß unter diesem Hochmeister (Dietrich von Altenburg) gegen Ende der 1330er Jahre im Anschluß an den Siedlungsvorstoß Heinrichs von Luter bis nach Rößel hin die Siedlungstätigkeit um Rastenburg in größerem Umfange eingesetzt hat. Denn 1345 gab es vor der Burg ein „oppidum“, in dem die Litauer bei der Bestürmung des Hauses 45 „boni viri“ niedermachten. Die Siedlung in der Umgegend muß demnach schon so bedeutend gewesen sein, daß ein Bedürfnis nach einer größeren Krug- und Handelsniederlassung, einer Lischke, bestand. (…) Als Rastenburg 1357 die Handfeste als Stadt erhielt, stand die Befestigung mit Toren und Türmen fertig da. (…)  Die Gründung der Stadt bedeutete den Anfangspunkt einer regen Siedlungstätigkeit in der Umgegend. In den 60er Jahren begann die Aussetzung von kulmischen Freigütern, die auch hier von dem Hochmeister Winrich von Kniprode betrieben wurde. Dieser verausgabte 1368 Landheim mit 8 Hufen, 1369 in Wilkendorf  5 Freigüter zu je 12 Hufen mit 15 Freijahren, 1373 Rückwangen (?) mit 10 Hufen. (…) 10km südwestlich von Rastenburg wurde nahe der ermländischen Grenze 1371 Bäslack mit 10 Freijahren ausgegeben“ (a.a.O., Seite 107 / 108).

Im Gebiet von Barten fand „die Verleihung von kleinen preußischen Dienstlehen (…) seit 1339 in gleichmäßiger Stärke das ganze Jahrhundert hindurch weiterhin statt. Dagegen begann in dem Kerngebiet des Kammeramts um das Haus Barten selbst die Anlage der kleinen kulmischen Freigüter zwei Jahrzehnte später als in dem benachbarten Leunenburg und Rastenburg“ (a.a.O., Seite 109).

Auch im Gebiet von Gerdauen standen am Anfang der Besiedlung „kleine preußische Dienstlehen, die in der Nähe der Burg auf altem Kulturland ausgegeben wurde. (...) Die Aussetzung kleiner preußischer Dienste wurde im 2. Drittel des Jahrhunderts fortgesetzt. (…). Wenn auch rein zahlenmäßig die kleinen preußischen Dienste vorläufig noch überwogen (…), so waren es doch die im Verlauf des Siedlungsfortschritts immer häufiger zur Verleihung kommenden kulmischen Freigüter von durch-schnittlich 10 Hufen, die dem Siedlungsvorgang in Gerdauen ihren Stempel aufdrückten. (…) Als um das Jahr 1370 in Gerdauen wie in den anderen Gebieten der Wildnis die Dorfsiedlung schlagartig ein-setzte, waren nachweisbar bereits 17 preußische Dienstlehen und 6 kulmische Güter ausgegeben“ (a.a.O., Seite 111 / 112).

Verglichen mit den Siedlungsgebieten des Deutschen Ordens außerhalb der Wildnis sind hier jedoch insgesamt nur wenige Zinsdörfer angelegt worden: „In Gerdauen waren 4, in Barten 2, in Rastenburg 4 und in Leunenburg 15 Dörfer angelegt worden. (…) Dagegen lagen in dem etwa gleichgroßen Waldamt Eisenberg zusammen mit Landsberg 53 Zinsdörfer“ (a.a.O., Seite 117). Bemerkenswert ist jedoch auch, daß die 15 Dörfer im Gebiet Leunenburg in einem engen zeitlichen Zusammenhang gegründet wurden. Die spätere hohe Dichte von Meckelburgs in diesen Dörfern legt die Vermutung einer gemeinsamen Herkunft und einer sehr frühen Ankunft in diesen Dörfern nahe.

Daher ist es interessant, die Herkunft der Siedler in der Wildnis zu kennen. Kasiske schreibt dazu: „Für die nordöstlichen Wildnisgebiete des Ordenslandes ist nicht von allen Siedlern die Herkunft festzustellen. Der Besetzer der Stadt Schippenbeil im Lande Leunenburg war aus dem Ermland gekommen, der Besetzer des Dorfes Rosenfelde = Rosenort 1356, Hans Rosenort, wohl aus dem gleichnamigen Dorf bei Braunsberg (gegr. 1284) oder aber dem entsprechenden Dorf in der Elbinger Niederung. Der Besitzer des Freiguts Paßlack (1365) stammte aus der Nähe des Hauses Gerdauen. Das Dorf Schönfließ ist 1372 durch einen Unternehmer angelegt worden, der den Namen des Zinsdorfes Lindenau im Waldamt Eisenberg trug“ ( Kasiske, Siedlungstätigkeit, Seite 137). Er faßt zusammen, daß „die Besiedlung der Wildnis fast ausschließlich von Leuten getragen worden ist, die aus dem Ordensland selbst kamen. Der Zuzug aus dem Mutterland hat kaum eine Bedeutung gehabt. Im Ordensland haben wiederum die altbewohnten westlichen Landschaften, die Dorfsiedlungsgebiete und Städte des Kulmerlandes und der Elbinger Höhe, den Hauptanteil an Zuzüglern gestellt. (…) Der schlechte Fortgang der Dorfsiedlung um die Jahrhundertmitte, ihre geringe Stärke in den Wildnisgebieten um 1370, endlich auch die Notwendigkeit, hier und da den Preußen den Zutritt in die Eigendörfer und Zinsdörfer zu erlauben, ist damit zu erklären, daß die Kräfte der alten westlichen Dorfsiedlungsgebiete nicht ausreichten, um fast gleichzeitig den ungestörten Fortgang der Dorfsiedlung und die Anlage von Dörfern in der Wildnis in größerem Maßstabe zu ermöglichen“ (a.a.O., Seite 140).

Damit ist nachgewiesen, daß die Siedler der Wildnis im Zuge der Binnenwanderung aus älteren Siedlungsgebieten des Deutschen Ordens kamen. Doch woher stammten die ursprünglichen Siedler, die im späten 13. Jahrhundert in einer ersten großen Welle aus dem Mutterland kamen?

Hier kommt die anfangs erwähnte Studie von Krollmann zum Tragen. Er belegt, daß die ersten Siedler zu einem erheblichen Teil aus Niedersachsen, vor allem aber aus dem Lübecker Raum stammen. Ganz konkret schreibt er: „Indem ich (…) die schon ziemlich sicher beglaubigte lübische Einwanderung im Einzelnen, namentlich auf die Möglichkeit der Familienzusammenhänge nachprüfte, stellt sich heraus, daß in der Tat die Kolonisation der preußischen Küstenstädte, aber auch eines Teiles von Pommerellen, Pomesanien, Ermland und dem nördlichen Natangen in überwiegendem Maße lübischen Bürgern zuzuschreiben ist“ (Krollmann, Herkunft, Seite 9). Im Kapitel über die lübischen Ansiedler führt Krollmann dann weiter aus: „Die ganze intensive Beteiligung der Lübecker an der Eroberung Preußens in den ersten Jahrzehnten beweist, daß der seefahrenden Kaufmann in den Hafenplätzen schon bekannt war und wahrscheinlich auch seine Faktoreien hatte. (…) Nur so ist auch zu erklären, daß die Lübecker den Entschluß faßten, im Samland eine Stadt mit Seehafen zu begründen, als noch kein Ordensritter je seinen Fuß in dies Land gesetzt hatte“ (a.a.O, Seite 52).

Für die Besiedelung der Wildnis hat vor allem die lübische Familie Padeluche eine überaus große Bedeutung. Krollmann schreibt dazu: „Die Padeluche (…) gehörten gleichfalls zu den lübischen Ansiedlern im Ermland und haben sich wie ihre Landsleute, die Fleminge, große Verdienste um die Kolonisation Preußens erworben. Ein Ritter Otto von Padeluzche, Lehnsmann des Grafen Johann von Holstein, verkaufte die Hälfte der Mühle von Schwartau bei Lübeck 1251 an den Bischof von Lübeck. Unter den Zeugen ist Gottfried von Elbing. Schon hier zeigt sich eine Beziehung zu der jungen Kolonie in Preußen. Im Ermland begegnet uns ein Johannes Padeluchen zuerst im Jahre 1311 in der Umgebung des Bischofs. Er war Besitzer eines Gutes von 22 ½ Hufen im Felde Borwite (bei Mehlsack), das er 1315 an Thomas, den Sohn des Schulzen Eberhard von Altmark (bei Elbing), für 190 Mark verkaufte. Der Bischof, dem es resigniert worden war, verlieh es dem Thomas zu kulmischem Recht (…). Das Gut wurde als Dorf ausgetan und erhielt den Namen Padeluchen; noch heute heißt es Podlechen. Johann Padeluche unternahm alsbald eine neue Gründung. Im Felde Medinen (…) legte er das Dorf Medien an. Er erhielt darüber 1320 ein (…) Privilegium, das von anderen Schulzenbriefen absticht. Obgleich Medien nur 40 Hufen hielt, wurden ihm außer der üblichen zehnten Hufe noch zwei Freihufen besonders verschrieben, als Zeichen der Anerkennung dafür, daß er als erster Deutscher es gewagt hatte, jenseits der Alle eine Lokation vorzunehmen (…). Zwar berichteten die Urkunden unmittelbar nicht, daß er Söhne gehabt habe (…), aber man kann unbedenklich die innerhalb einer Generationsspanne nach ihm auftretenden Padeluche dafür halten.

(…) Im Jahre 1351, am Neujahrstage, verlieh der Hochmeister Heinrich Dusemer seinem lieben Heinrich Padeluche die Stadt Schiffenburg mit 112 Hufen zu kulmischem Recht zu besetzen und gewährte ihm 8 Freihufen und eine Hofstatt in der Stadt zu dem Schulzenamte. Die Einwohner erhielten 30 Freihufen und 70, von denen Zins zu zahlen war, 4 Freihufen wurden der Kirche vorbehalten. Der Schultheiß hatte die kleinen Gerichte, von den großen erhielt er ein Drittel der Bußen, ebenso ein Drittel von allen öffentlichen Verkehrseinrichtungen, als Braupfannen, Bänken der Bäcker, Fleischer, Schuster und Fischer, sowie von der Badstube. Die Anlage einer Neustadt (…) behält sich der Orden vor. Es liegt auf der Hand, daß die Begabung des Heinrich Padeluche mit diesem einkunftreichen Schulzenamt ohne Dienstverpflichtung besondere Verdienste um die Ausgestaltung der jungen Stadtgemeinde zur Voraussetzung hatte. Die Stadt, deren Namen sich bald in Schippenpil und schließlich in Schippenbeil ändert, scheint im Gegensatz zu den meisten anderen städtischen Gemeinswesen kein Bedürfnis gehabt zu haben, sich der Erbscholtisei des Padeluche und seiner Nachkommen zu entledigen. (…) Erst 1519 erwarb die Stadt das Schulzenamt vom Hochmeister Albrecht von Brandenburg (…).

Heinrich Padeluche, der Lokator von Schippenbeil, muß ein ganz besonders unternehmungslustiger Mann gewesen sein, denn kaum sieben Jahre später verschreibt ihm der Komtur von Balga, Johann Schindekop, auch das Erbschulzenamt der Stadt Rastenburg (1357)“ (Krollmann, Herkunft, Seite 68 - 70).

Auf Grund dieser sehr engen Verbindungen zwischen lübischen Lokatoren für die Zuwanderung aus dem Mutterland im allgemeinen und für die Besiedelung der Wildnis im besonderen kann es kaum Zweifel geben, daß unsere Vorfahren im Zuge dieser ersten Siedlungswelle aus dem Lübecker Raum bzw. aus dem angrenzenden Mecklenburg nach Ostpreußen gekommen sind. In dieser Zeit ohne Familiennamen, wie wir sie kennen, war es üblich, den Vornamen mit einem beschreibenden Zusatz zu versehen, der entweder auf den Beruf (Krüger, Schmidt, Müller) oder aber auf die Herkunft nach Land oder Stamm (Bayer, Sachse) verwies (Vgl. dazu Kasiske, Siedlungstätigkeit, Seite 6). Der Name Meckelburg deutet mit größter Wahrscheinlichkeit auf die Herkunft von Siedlern hin, die aus Mecklenburg (auf plattdeutsch Meckelburg) eingewandert sind. Kasiske schreibt dazu sehr anschaulich: „Der Schulzensohn oder der bäuerliche Unternehmer, dem vom Orden im Neuland ein Landstück zur Besetzung übertragen wurde, hat zweifellos vor allem Siedlungslustige aus seinem eigenen Dorf und dessen nächster Umgebung gesammelt“ (a.a.O, Seite 7).  

Da es ab dem Ende des 13. Jahrhunderts kaum noch nennenswerte Zuwanderung aus dem Mutterland gab und andererseits der Familienname auf die ursprüngliche Herkunft hinweist, müssen unsere Vorfahren bereits zu dieser frühen Zeit nach Ostpreußen eingewandert sein und sich dann über Jahrzehnte und Jahrhunderte in Ostpreußen verbreitet haben. Ein indirekter Beleg dafür ist die Fülle von Erwähnungen von Meckelburgs an verschiedenen Orten Ostpreußens, mit einem deutlichen Schwerpunkt in den erwähnten Gebieten der früheren Wildnis.

Durch die wellenartige Binnenwanderung innerhalb Ostpreußens und durch das Fehlen von Aufzeichnungen über die bäuerliche Bevölkerung ist jedoch ein direkter schriftlicher Nachweis für diese Annahmen unmöglich.

Eine weiteres Indiz für eine sehr frühe Einwanderung unserer Vorfahren nach Ostpreußen sind zwei Dokumente, die schon in der Mitte des 15. Jahrhunderts zwei Namensträger erwähnen. Die erste urkundliche Erwähnung betrifft einen Stefan Meckelburg, der Fuhrmann auf der Marienburg war. Unglücklicherweise kam bei einem Unfall mit seinem Wagen der Kämmerer der Marienburg ums Leben. In diesem Zusammenhang wurde dem Stefan Meckelburg am 16.05.1451 ein Geleitbrief ausgestellt. Leider ist dieser Geleitbrief zwar mit den genannten Details im Register des Ordensbriefarchivs aufgeführt, als Original jedoch nicht mehr vorhanden (Register zum Ordensbriefarchiv (OBA) beim Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Nr. 10710).

Die erste noch erhaltene Urkunde betrifft einen Nicklis Meckelburg, der am 20.11.1477 6 Morgen Wiesen im östlichen Samland verliehen bekommt von Heinrich v. Seckendorf (Pfleger zu Tapiau anstelle des Hochmeisters des Deutschen Ordens) (Ordensbriefarchiv (OBA) beim Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Signatur XX. HA, Pergament-Urkunden, Nr. 3424).


Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz

Ich Bruder Heinrich vonn Seckendorff Pfleger zu Tapiau und ins Kompans

Stadt Im Berichte Deutschs Ordens Thu Kunt und offenbar vor allen und jeglichen

die diesen briff sehen odder horen lesen wie das mit wissen und willen des (…)

digen Hrn Heinrichs von Richtemberg Hochmeisters selige (…) ordens libenn

Betrauen Nicklis Meckelburg Scholzen zu Sylekaym verschriben und gegeben

haben verschreiben verleyen und geben zue seynen rechten aber und nachkomelingen

In Crafft und macht diesses brives sechs morgen wiesen im Gaubben gelegen

um das Kampwieschen als die Ime beweißet sein frey erblich und wirklich

zu besitzen seynen Dienste zuhulffe und sollchem Rechte als dann seyn Hauptbriff

Innhaldt und ausweiset des zu Bekenntnisse und merer Sicherheit habe ich eynes

Hochmeisters Obersten Kompan InSigell des ich gebrauche anhangten lassen diese

brive der gegeben ist zu Kaymen im herbst gericht am Donerstage nach Eli-

sabeth vidue im vierzenhundertsten und siben und sibenzigstem Jare

Der Hochmeister Heinrich von Richtenberg war ab 1470 der 33. Hochmeister des Deutschen Ordens und starb im April 1477. Der Ort Sielkeim wurde um das Jahr 1477 Silekaim geschrieben (http://www.bildarchiv-ostpreussen.de/cgi-bin/bildarchiv/suche/show_ortsinfos.cgi?id=60544, 25.12.2011) und liegt im östlichen Samland ca. 17km südwestlich von Labiau. Der Ort wurde 1375 erstmals erwähnt und gehört zum Kirchspiel Kaimen.

     
     

 

Stand: 03.05.15